Bin aus der Band ausgestiegen - Erfahrungsbericht

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Mike
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Bin aus der Band ausgestiegen - Erfahrungsbericht

Beitrag von Mike »

Am letzten Donnerstag habe ich meinen Jungs von der Bluesband erklärt, dass ich nicht mehr in der Band spiele. Der ein oder ander von Euch wird jetzt sagen "klar, jetzt wo Mike Portnoy....", aber Spaß bei Seite. Seit circa 6 Monaten schwirrt diese Überlegung durch meinen Kopf. Im Gegensatz zu den Bandkollegen habe ich in den letzten 3 Jahren eine enormes Arbeitspensum abgelegt. Viele Vorproduktionen für namhafte Deutsche Künstler, Gitarrenarbeit auf vielen CDs, Mucke für diverse Trailer zu Boxkämpfen, so wie das Verfassen eines Skriptes für eine Kinderbuch, samt musikalischer Begleitung. Da hat man eine Menge Meilen auf Gitarre gemacht und da sind die etlichen Gigs mit der Band, plus Proben und komplettes Songwrtiging und arrangieren noch nicht mit einbezogen.

Und irgendwann in den letzten 10 Monaten muss sich da so etwas wie eine Selbstschutz eingeschlichen haben. Nein, nicht nur ein Schutz meiner Person, sondern auch ein Schutz, ein Alarm der sagt:" Wenn du nicht verlieren willst, was du über 20 Jahre als deine größte Leidenschaft bezeichnet hast, dann brich jetzt nichts über das Knie"!

Im Urlaub, ist mir dann Einiges klar geworden. Die Mucke will ich nicht verlieren, ich bin aber im Augenblick einfach ein besserer Zuhörer. Mich zu zwingen Gitarre zu spielen würde nichts bringen. Bei der Probe war ich vollkommen leer. Die Musik muss mich füllen, ich bin nicht der Typ der nur der Kohle willen bei der Eröffnung des nächsten Teppichcenters spielt.

Augenblicklich, war ich wie betäubt. Probe auf Automatik, Gitarre spielen gar nicht.

Und das Kurioseste dabei - es ging mir von Tag zu Tag besser, den ich nicht gezockt habe.

Glücklicherweise habe ich die Komposition für eine österreichisches Jungtalent abgeschlossen und die Songs können in die Produktion gehen. Damit endet erstmal jegliche musikalische Aktivität.

Jetzt gönne ich mir eine Auszeit auf unbestimmte Zeit. Bis Herz und Bauch wieder sagen "greif zur Klampfe und lass rocken Alter" :-)

Ich weiß, jeder von uns hat sicherlich mal so eine Phase erlebt, aber so heftig wie es jetzt war, habe ich es noch nie verspürt. Bin seit einigen Tagen raus aus der Band, habe Samstag mein Equipment geholt und ich merke wie ich aufatme und die Last von meinen Schultern genommen ist.

Um ehrlich zu sein, ich denke es ist so etwas wie ein musikalischer Burn Out. Ich bin sehr stolz auf das was ich in den letzten Jahren erreicht habe und gerade um das nicht kaputt zu machen, kommt jetzt die Auszeit. Fühlt sich auch vollkommen natürlich an - glücklicherweise.

Übrigens, dieses Forum hier ist das einzige, welchem ich was Musik betrifft erhalten bleibe. Natürlich habe ich weiterhin Bock über JP und DT zu quatschen...hey so weit kommt es noch ;-)

Wer ähnliche Erfahrungen gemacht hat, oder gerade selbst in so einer Situation steckt ist hiermit gerne zum Austausch eingeladen. Das Musikerleben ist halt nicht immer Zuckerschlecken.
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Hans Muff
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Beitrag von Hans Muff »

So, nun melde ich mich mal zu Wort :D .

Ich habe mir nun seit deinem Eintrag Gedanken gemacht und muss anmerken, dass es mir aber ganz, ganz, ganz genau so geht. Sicher, der ein oder andere Unterschied ist da. Ich habe in den letzten Monaten aufgrund von Hochzeitsplanungen einfach keine Zeit für die Band gehabt und um Pause gebeten. Diese wurde auch akzeptiert, da mein anderer Bandkollege auch geheiratet hat und damit auch weniger Zeit hatte.
In den Monaten habe ich auch sämtlichen Krempel an Amps und Rack verkauft, da ich mir ja eh ein AXE gekauft habe. Einzig meine ENGL Box ist noch zu haben (wenn sie jemand will, einfach ansprechen 8) ).

In den Monaten habe ich nichts vermisst. Im Gegenteil. Es hat mir Luft zum Atmen gegeben, da ich einfach keine Lust mehr hatte im Proberaum zu stehen. Nichts ging mehr vorran, da ich, die wirklich einzige treibende Kraft was Kreativität betrifft, keinen Output mehr hatte. Von den anderen kam auch wenig, sodass immer nur alte Kamellen durchgekaut wurden.
Zudem kam noch ein zusätzlicher Wandel. Durch das Axe und meine PRS, habe ich Zuhause einfach gerne mal andere Genres probiert. Und das gefiel. Aber auch nur so gut, wie ich es Daheim für mich machen konnte. Nichts hätte mich aufraffen können in einen Proberaum zu fahren und es mit anderen zu spielen.

Du hast es schön (oder auch weniger schön) ausgedrückt. Musikalisches BurnOut! Ich habe das Gefühl, das trifft es.
Ich habe mich immer wieder gefragt, woran es liegen könnte, dass ich keine Lust mehr verspüre. An den Leuten (nö, die kenne und schätze ich weit mehr als 10 Jahre)? An der Mucke? Vielleicht!?! Ich kann es nicht sagen.

In jedem Fall ist es im Moment bei mir so, dass die anderen nach meiner Hochzeit nun wieder voll "durchstarten" wollen und fragen, wann es denn weitergeht.
Bei mir kommt im Moment dazu, dass ich keine Verstärkung für mein Axe habe. Müsste also nun was kaufen.
Am Geld liegt es nicht. Aber ich stelle mir seit einer Woche die Frage, warum ich mir was kaufen soll, wenn ich eigentlich keine Lust habe im Proberaum zu spielen.

Auch ich will mein Hobby nicht aufgeben. Ich habe hier Zuhause alles, was man zum Mucke machen braucht. Mac, Logic, Superior Drummer, Keyboard, Axe, ...
Ich glaube immer mehr, dass das mein Hobby wird. Zuhause für mich, wann immer ich Lust habe, ungebunden (was Zeit, Stil oder Tempo betrifft) was zu recorden oder auch nur zu jammen. Einfach mein eigenes Ding ohne Termindruck zu machen.
Schließlich will ich die anderen auch nicht zu lange hinhalten. Von daher habe ich den Entschluss gepackt, auch meine Band vorerst aufzugeben.

Meine Prioritäten haben sich im Laufe der letzten Monate einfach zu krass geändert, als dass ich mir selbst diesen "Stress" antun möchte.


Von daher abschließend. Ich kann Deine Entscheidung sehr gut nachvollziehen. Auch wenn es andere Voraussetzungen waren. Aber das Ergebnis bleibt das Selbe!
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